Nachricht vom

Im Spannungsfeld von Wissenschaft und Kunst entsteht derzeit eine innovative Kooperation unter anderem zwischen dem Umweltökonomen Prof. Dr. Erik Gawel und dem Leipziger Künstler Marcel van Beek. Gemeinsam untersuchen sie, wie sich Nachhaltigkeit durch künstlerische Perspektiven und wissenschaftliche Beiträge kommunizieren lässt. Professor Gawel erklärt in einem Blogbeitrag, worum es in dem Projekt geht:

Die Verbindung von Kunst und Wissenschaft ist keineswegs neu, doch in ihrer praktischen Umsetzung können die beiden Disziplinen oft überraschend neue Perspektiven eröffnen. Besonders deutlich wird dies in der Kooperation zwischen Nachhaltigkeitsforschenden der Universität Leipzig und dem Leipziger Künstler Marcel van Beek. Diese haben es sich zur Aufgabe gemacht, die komplexen Themen der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes durch die Linse der Kunst zu betrachten und gleichzeitig wissenschaftliche Erkenntnisse in einer ästhetisch ansprechenden und zugänglichen Weise zu vermitteln.

Im Zentrum der Zusammenarbeit steht die Frage, wie künstlerische Ausdrucksformen den Dialog über Nachhaltigkeit, Ressourcenverbrauch und Umweltbewusstsein anregen können. In meiner Forschung am Institut für Infrastruktur und Ressourcenmanagement untersuche ich den Wert von natürlichen Ressourcen und die Möglichkeiten der Umsetzung von Nachhaltigkeitstransformationen. Ich bringe die wissenschaftliche Perspektive in das Projekt ein, insbesondere auf die Frage, wie wirtschaftliche und ökologische Prinzipien miteinander verknüpft sind und wie durch Umweltbewertung und Politikmaßnahmen Veränderungen in Politik und Öffentlichkeit angestoßen werden können.

Die Verbindung von Kunst und Wissenschaft ist keineswegs neu, doch in ihrer praktischen Umsetzung können die beiden Disziplinen oft überraschend neue Perspektiven eröffnen.

Marcel van Beek hingegen setzt die künstlerische Auseinandersetzung mit den Themen der Umwelt und Nachhaltigkeit auf innovative Weise um. In seinen Arbeiten beschäftigt er sich intensiv mit der Veränderung der urbanen Landschaften und dem Zusammenwirken von Mensch und Natur. Van Beek nutzt dabei verschiedene Medien, darunter Fotografie und Malerei, um die Komplexität und die oft unsichtbaren Aspekte der Nachhaltigkeit greifbar zu machen. Zugleich ist er der Universität in der Lehre verbunden und hat mehrfach im Rahmen der Ringvorlesung „Interdisziplinäre Perspektiven der kommunalen Klimaanpassung“ der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät Vorlesungen zu künstlerischen Perspektiven gehalten, zuletzt im WS 2024/25.

Aktuelle Projekte und künstlerische Interventionen

Ein besonders spannendes Projekt im Rahmen der Zusammenarbeit ist der fotografische Zyklus „World of Water“, die van Beek entwickelt hat. In dieser Arbeit dokumentiert er die vielschichtige Bedeutung von Wasser in urbanen Räumen, von der ökologischen Funktion bis hin zur symbolischen Bedeutung. Dabei setzt er auf eine ästhetische Annäherung an die unsichtbaren und unscheinbaren Ökosysteme der Stadt. In unserer Zusammenarbeit beleuchten wir das Thema Wasser auch hinsichtlich der Ökosystemfunktionen für den Menschen. Das gemeinsame Ziel des Projekts ist es, die Öffentlichkeit für die Bedeutung von Wasser als Ressource und die Notwendigkeit eines verantwortungsvollen Umgangs damit zu sensibilisieren. Hierzu ist soeben ein auch englischsprachiger Bildband des Künstlers erscheinen, zu dem ich einen einführenden Orientierungsbeitrag beigesteuert habe.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Drei Fotos in einer Ausstellung zeigen Szenen von Industrie
Einblicke in die Ausstellung „Urbs Accommodata“, die im Herbst 2024 in der Universitätsbibliothek Leipzig zu sehen war, Foto: Marcel van Beek

Ein weiteres Projekt an der Universität Leipzig war die von mir mitkuratierte Ausstellung „Urbs Accommodata“ und die zugehörige Vorlesung des Künstlers zur Ringvorlesung „Interdisziplinäre Perspektiven der kommunalen Klimaanpassung“ im WS 2024/25 an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät. Hier wurde gezeigt, wie urbane Flächen durch Klimaanpassungsmaßnahmen verändert werden und dies die urbane Ökologie, aber auch die Lebensqualität berührt. Der Künstler zeigt nicht nur gelungene Beispiele harmonischer Stadtentwicklung in der Klimaanpassung (etwa die Neugestaltung des Karl-Heine-Kanals in Plagwitz/Lindenau), sondern auch Konflikte und Herausforderungen. Er hält damit Abstand zu affirmativer Klima-Kunst und lädt vielmehr ein zur kritischen Reflexion der notwendigen Veränderungen, die nicht konfliktfrei zu gestalten sind.

Am Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung war 2023 bereits die Ausstellung „Unsustainable Earth“ zu sehen. Am 3. April wird am Umweltbundesamt in Dessau eine weitere Ausstellung „Planetary Boundaries“ eröffnet.

Kunst und Wissenschaft bieten jeweils eigene Werkzeuge und Methoden, die sich ergänzen und voneinander profitieren können.

Eines der zentralen Anliegen der Kooperation ist es, künstlerische Interventionen als Kommunikationsmittel für Nachhaltigkeit zu nutzen. Die Projektbeteiligten verstehen Kunst als ein Instrument, das hilft, komplexe ökologische und ökonomische Zusammenhänge einer breiten Öffentlichkeit näherzubringen. Kunst hat die Fähigkeit, Emotionen zu wecken und Diskussionen anzuregen, während die Wissenschaft durch ihre präzisen und oft abstrakten Analysen dazu beiträgt, diese Themen in einen größeren Kontext zu setzen.

Nachhaltigkeit als interdisziplinäres Projekt

Unsere Zusammenarbeit zeigt, wie wichtig es ist, unterschiedliche Disziplinen zusammenzubringen, um einen umfassenderen Dialog über Nachhaltigkeit zu führen. Kunst und Wissenschaft bieten jeweils eigene Werkzeuge und Methoden, die sich ergänzen und voneinander profitieren können. Während die Wissenschaft oft auf messbare Daten und Theorien angewiesen ist, kann die Kunst durch ihre emotionalen und ästhetischen Dimensionen den individualisierten Zugang zur Nachhaltigkeit fördern und tiefere, nachhaltige Verhaltensänderungen bewirken.

Wir möchten erreichen, dass Leipzig nicht nur als Zentrum der wissenschaftlichen Innovation, sondern auch als ein Ort der kreativen und nachhaltigen Transformation wahrgenommen wird. Unser Projekt soll ein Beispiel sein, wie der Dialog zwischen Forschung, Kunst und Gesellschaft die Herausforderung von Nachhaltigkeit auf eine neue, bereichernde Weise thematisiert. In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit immer mehr in den Fokus der öffentlichen und politischen Diskussion rückt, wollen wir zeigen, dass Kunst und Wissenschaft nicht nur nebeneinander existieren, sondern gemeinsam eine stärkere Wirkung erzielen können.

Mit weiteren geplanten Ausstellungen, öffentlichen Vorträgen und kooperativen Veranstaltungen auch mit anderen Künstlern wird das Projekt weiterhin an der Schaffung eines neuen Verständnisses für Nachhaltigkeit als eine ganzheitliche und multidimensionale Aufgabe arbeiten. Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft vereinen sich in diesem spannenden Projekt, um ein tiefgehendes und kreatives Verständnis von Nachhaltigkeit zu fördern.

 

Prof. Dr. Erik Gawel

Prof. Dr. Erik Gawel ist Professor für VWL am Institut für Infrastruktur und Ressourcenmanagement an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig. Er leitet außerdem das Department Ökonomie am Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Plakat zur Ausstellung Planetary Boundaries
Am 3. April 2025 wird im Umweltbundesamt in Dessau die Ausstellung „Planetary Boundaries“ eröffnet. Foto: Marcel van Beek

Kommentare

Keine Kommentare gefunden!

Ihr Kommentar

Hinterlassen Sie gern einen Kommentar. Bitte beachten Sie dafür unsere Netiquette.