Die Umzugskartons sind gefüllt, die Regale in seinem Büro leergeräumt. Bald wird Altmayer umziehen in einen Raum im Geisteswissenschaftlichen Zentrum in der Beethovenstraße, dem gemeinsamen Domizil für Professor:innen im Ruhestand, denn er bleibt der Universität erhalten. „Ich werde mich um meine Doktorandinnen und Doktoranden kümmern und weiter zu Fragen meines Fachs forschen“, sagt der gebürtige Saarländer, der sich nach eigenem Bekunden im Französischen am ehesten „zu Hause fühlt“. Vorstellbar wäre es für ihn auch, weitere Bücher zu schreiben – nicht nur über sein Fachgebiet, sondern auch über ein philosophisch-politisches Thema. Schließlich hat Altmayer Ende der 1970er Jahre in Trier und Saarbrücken Philosophie und Germanistik studiert.
Einschneidend: Wechsel an traditionsreiche Alma mater
An die Universität des Saarlandes zog es ihn nach seiner prägenden Zeit in Lettland wieder zurück. Er habilitierte sich 2002 im Fach Deutsch als Fremdsprache, wurde wissenschaftlicher Mitarbeiter und bekam schließlich Anfang 2005 den Ruf aus Leipzig, dem er gern folgte. „Es war für mich einschneidend, an solch eine traditionsreiche Universität zu wechseln“, erzählt Altmayer. Am 5. April 2005 begann für ihn eine aufregende, oftmals auch aufreibende und ebenso prägende Zeit an der Alma mater. Vor allem die Phase zwischen 2011 und 2014, als er Prorektor war, habe ihre Spuren bei ihm hinterlassen – im Positiven wie im Negativen.
Ein Meilenstein in dieser Zeit war der Abschluss der Zielvereinbarung mit dem Freistaat Sachsen zur Aufstockung der Zahl der Lehramtsstudierenden im Jahr 2012, an der Altmayer entscheidend beteiligt war. Damals wurden alle Lehramtsstudiengänge von Bachelor und Master wieder auf den Staatsexamensabschluss umgestellt. Nach einer turbulenten Senatssitzung im Sommer 2012 und nach vielen Verhandlungen, bei denen das Rektorat immer „an einem Strang gezogen“ habe, sei der beachtliche Aufwuchs der Lehramtsstudienplätze an der Universität Leipzig beschlossene Sache gewesen. Noch aufreibender sei für ihn jedoch die Phase gewesen, als die Universität Leipzig Vorgaben des Freistaats zum Stellenabbau an der Universität umsetzen sollte und es Anfang 2014 deshalb zum Konflikt zwischen dem Rektorat und den beiden zuständigen Ministerien kam. „Ich bin stolz darauf, dass wir als Rektorat damals den politischen Entscheidern gezeigt haben, dass es Konsequenzen für das ganze Land hat, wenn so viele Stellen gestrichen werden“, erinnert er sich an diese für ihn physisch wie psychisch sehr schwierige Zeit. Letztlich führte dies auch zu Altmayers Rücktritt vom Amt des Prorektors im Jahr 2014.
Neues Verständnis von Kulturstudien formuliert
Danach kehrte er zu seinen eigentlichen Aufgaben zurück. Davon gab es eine ganze Menge. Immerhin war Altmayer neben seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit auch viele Jahre lang geschäftsführender Direktor des Herder-Instituts Leipzig, das in seinem Geburtsjahr gegründet wurde und damit das älteste überhaupt ist. „Die Arbeit dort hat mich auch sehr geprägt“, betont Altmayer.
In seiner Zeit als Forscher und Dozent an der Universität hat er sich unter anderem mit dem Wissenschaftsbereich ‚Kulturstudien‘ befasst, ein anderer Begriff für die herkömmliche ‚Landeskunde‘. „Das umfasst Geschichte, Geografie, Sitten und Gebräuche eines Landes“, erläutert er. Er habe ein völlig neues Verständnis von Kulturstudien formuliert, sagt Altmayer. Am Fach Deutsch als Fremdsprache störe ihn, dass es oft als praxisorientiert bezeichnet wird und die Theorie deshalb zu kurz komme. Auch die politische Dimension dieses Fachs gerate häufig ins Hintertreffen. „Dabei bewegen wir uns in einem eminent politischen Umfeld, wenn man etwa an die Themen Fachkräftezuwanderung oder Migration denkt. Sie haben eine enorm wichtige sprachliche Dimension“, betont der Professor.
Ruhestand mit gemischten Gefühlen
In den Ruhestand geht Altmayer mit gemischten Gefühlen. „18 Jahre sind schon eine lange Zeit, aber ich bin froh, dass es dann hoffentlich etwas ruhiger zugeht“, sagt er. Mit einer gewissen Wehmut habe er in den vergangenen Wochen alte Papiere entsorgt und seinen Auszug aus dem Büro vorbereitet. Künftig möchte er mehr und in Ruhe lesen, Sport treiben, unter anderem auch weiter im Universitätsteam Fußball spielen. Da er beruflich viel gereist ist, möchte Altmayer im Ruhestand nur noch „gemäßigt reisen“ und nicht mehr in die Ferne schweifen. Am 24. März wird sich Claus Altmayer von Freund:innen und Wegbegleiter:innen bei einer Feierstunde im Alten Senatssaal verabschieden.
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