Was haben Sie studiert – und wo?
Ich habe Tibetologie im Hauptfach und klassische Indologie und Politikwissenschaft in den Nebenfächern in der Magistra an der Universität Hamburg studiert. Ebenfalls an der Universität Hamburg wurde ich im Fach der Tibetologie promoviert.
Was waren im Anschluss Ihre wichtigsten beziehungsweise Ihre letzten beruflichen Stationen?
Nach der Promotion kam ich als Senior Research Fellow der internationalen und interdisziplinären Kollegforschergruppe „Multiple Secularities – Beyond the West, Beyond Modernities“ zum ersten Mal für sechs Monate an die Universität Leipzig (2017). Im Anschluss habe ich dann vier Jahre in Kanada an der University of British Columbia (Vancouver) geforscht und gelehrt und kehrte 2022 mit einer Horizon Europe Marie Skłodowska-Curie Postdoctoral Fellowship nach Deutschland und an die Universität Leipzig zurück.
Was fasziniert Sie an Ihrem Forschungsgebiet?
An der Tibetologie fasziniert mich insbesondere die Vielfalt der oft noch komplett unerforschten Quellen und Themen und die Interdisziplinarität in unseren Theorien und Methoden. Für uns Vertreter:innen von den sogenannten „kleinen Fächern“ ist es üblich, dass wir hoch spezialisiert sind, aber auch, anders als in größeren Fächern, zugleich gefordert sind, das komplette Fach in Forschung, Lehre und Wissenstransfer vertreten zu können. Anders ausgedrückt, wir Tibetolog:innen decken einen ziemlich großen kulturellen, linguistischen und geografischen Raum vom 7. Jahrhundert bis heute ab, der von China bis nach Zentralasien und Russland und bis über den Himalaja nach Südasien reicht.
Um das leisten zu können, ist die Tibetologie in ihrem Kern bis heute oft interdisziplinär. Im Unterschied zu den anglo-amerikanischen Area Studies besitzt das Fach der Tibetologie durch seine Sprach- und Primärquellenexpertise ein Alleinstellungsmerkmal, das heißt je nach Forschungsthema arbeiten wir mit historisch-philologischen, aber auch linguistischen, kulturwissenschaftlichen, literaturwissenschaftlichen, ethnogafischen, oder sozialwissenschaftlichen Methoden.
Was sind Ihre Schwerpunkte?
Meine Forschungsschwerpunkte umfassen die buddhistische Religionsgeschichte Bhutans und Tibets, insbesondere die Erforschung einer der wichtigsten Kontroversen in der tibetisch-buddhistischen Geistesgeschichte (Mahāmudrā), die bis heute Einfluss auf die Praxis des tibetischen Buddhismus im globalen Kontext hat.
Des Weiteren beschäftige ich mich mit dem Verhältnis von Religion, Politik und Säkularität in Bhutan und der regionalen und globalen Verflechtungsgeschichte Bhutans. Ein besonderes Anliegen ist es mir hierbei, alternative „Modernitäten“, die auf nicht westlichen und indigenen Wissens- und Resilienzsystemen aufbauen, in ihrem heutigen Potenzial für die Krisenbewältigung und im globalen Vergleich zu erschließen. Dabei spielen in meiner Forschung auch die Auswirkungen der Kolonialgeschichte, speziell die Marginalisierung von diesen nicht westlichen und indigenen Wissens- und Resilienzsystemen eine wichtige Rolle. Eine solche Marginalisierung sehen wir klar im heutigen globalen akademischen und öffentlichen Diskurs über die Klimakrise.
Haben Sie sich für Ihre Tätigkeit an der Universität Leipzig ein bestimmtes Forschungsziel gesetzt? Welches?
Zurzeit arbeite ich an einer umfangreichen Monografie zur Identitäts- und Nationalstaatenbildung Bhutans ab dem 18. Jahrhundert. Im Fokus meiner Forschung liegt die komplexe regionale und globale Verflechtungsgeschichte mit Tibet und dem British Empire und die Rolle bhutanischer buddhistischer Gelehrter als wichtige Diplomaten in diesen Prozessen. Meine Forschung ermöglicht so zum ersten Mal ein umfassendes historisch fundiertes Verständnis von Bhutans heutigem buddhistischem Konstitutionalismus und einzigartigem nachhaltigem Entwicklungsmodell – Gross National Happiness (GNH).
Kommentare
Keine Kommentare gefunden!